Sonntag, 25. Februar 2018

Wenn ein Priester die hl. Thérèse von Lisieux missversteht

...dann ist das hundertmal schlimmer, als würde dir oder mir dieser Fehler unterlaufen, denn für uns wäre es nur das eigene Pech, während ein Priester sein Missverstehen an eine ganze versammelte Gemeinde weitergibt, in der viele bei dieser Gelegenheit vielleicht zum ersten Mal von Thérèse von Lisieux hören - und aufgrund seiner Aussagen auch zum letzten Mal. So geschehen gestern Abend:

Bei der ersten Erwähnung der kleinen Thérèse horchte ich erfreut auf - dass sie überhaupt in einer Predigt erwähnt wurde, erlebte ich zum ersten Mal. Doch zu früh gefreut.

Sie habe ja auf ihrer Romreise die damals ganz neue Erfindung namens "Aufzug" kennengelernt. Und statt eines mühseligen Aufstiegs habe sie sich gewünscht, gleichsam wie in einem Aufzug zu Gott zu gelangen. Aber der leichte Weg sei nun einmal für uns Menschen nicht immer auch der Richtige. Wie anders doch die "große" Teresa von Avila, wenn sie von ihrer langen Zeit des Gefühls der völligen Verlassenheit von Gott berichtet, und wie sich später gerade diese schwere Zeit für sie als die Wichtigste auf ihrem Weg zu Gott herausstellte.

Dazu ließe sich sehr viel sagen, aber ich will versuchen, mich kurz zu fassen:

Erstens hätte man erwähnen müssen, dass es sich bei der Romreise keineswegs um eine Vergnügungsreise handelte, sondern dass Thérèse mit ihrem Vater nach Rom kam, um beim Papst die Erlaubnis zu erbitten, mit ihren gerade einmal 15 Jahren in den Karmel aufgenommen zu werden.

Auch Thérèse blieb nicht von einer Zeit des Gefühls der völligen Gottverlassenheit verschont, wie ihre Aufzeichnungen zeigen. Tatsächlich scheinen alle Heiligen wenigstens einmal in ihrem Leben eine solche Phase durchgemacht zu haben. Thérèse von Lisieux berichtet ausführlich davon, nennt sie selbst "Die dunkle Nacht".

Doch kommen wir auf den "Aufzug" zurück, mit dem Thérèse zu Gott zu gelangen wünschte. Hat sich Thérèse damit wirklich den leichteren Weg ausgesucht - sozusagen ein himmlisches "Beam me up, Scotty!"?

So kann man wohl argumentieren - allerdings nur, wenn man Thérèse völlig falsch verstanden hat.

Der Aufzug, den sie sich vorstellt, sind Jesu Arme, mit denen Er sie zu sich emporzieht, nachdem es ihr gelungen sein wird, sich als Sein Kind ganz klein gemacht zu haben, getreu dem von ihr zitierten Wort aus den Sprüchen der Bibel:
"Wenn jemand ganz klein ist, dann komme er zu mir."
Sich ganz klein vor Gott gemacht zu haben, was heißt das anders, als alles, wirklich alles in Seine Hände gelegt haben - und alles abgelegt zu haben, was Eigenliebe, Stolz und eigener Wille sind?

Das soll ein leichter Weg sein? Wirklich?

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